Werkstattflug OE‐9208 am 27.11.2013
Martin T. + KG
Die Fluggeilheit is ja oft ein Schw… Zu tun gäbs derzeit genug, aber bei dem Wetter?! Nachdem die Dimo jetzt exakt einen Monat gegroundet war (hat einem wenigstens den Gewissenskonflikt erspart an den zwei, drei Tagen, an denen die Nebeldecke nicht geschlossen war), wurde seit der Nachricht („Dimo klar, Werkstattflug ausständig“) mit Argusaugen die Windsituation beobachtet und für Montag oder Dienstag dieser Woche ein Wellenflug angedacht.
An beiden dieser Tage hat das Wolkenbild allerdings keinen Anschein von Welle erkennen lassen, und die Radiosonden, die allmorgendlich in den Himmel steigen, haben in den unteren Luftschichten eine recht labile Schichtung gezeigt, was für viel Lee mit wenig Welle, dafür aber umso heftigeren Rotoren spricht. Dazu böiger Bodenwind mit Spitzen bis 25 kts. Die Windrichtung lag zwar direkt in der Piste, dennoch ist das nicht das Wetter, wo man einen Werkstattflug machen möchte, den man u.U. jederzeit sofort abbrechen können will. Zudem ist auch das Zeitbudget von KG wegen seines Südafrika‐Trips etwas „angespannt“; wir blasen das Ganze ab.
Dienstag abends schreibt mir KG dann eine Mail, ob wir denn den Werkstattflug nicht Mittwoch früh machen können, mit Treffpunkt z.B. um 0830 oder 09:00 loc am Hangar West. Ich antworte positiv, erhalte aber keinerlei Rückmeldung/ Bestätigung mehr.
Ich entscheide mich dennoch, rechtzeitig aufzustehen und in der Früh bei KG telefonisch nachzufragen. Dazu ist zu sagen, dass meine Bildungskarenz in den letzten Zügen liegt und ich derzeit eher nachtaktiv bin – also schreiben bis 04:00 oder so, aufstehen, laufen gehen, und sobald das Hirn anspringt (was meist nicht vor dem Nachmittag passiert) weiterschreiben. In diesem Zusammenhang wird das „rechtzeitig aufstehen“ durchaus zum Opfer… ;‐)
Auf Nachfrage um 0845 antwortet KG, er sei bereits am Weg zum Platz, kurz vor dem Eintreffen. „Gut, ich bin *auch kurz* vor dem Wegfahren…“ Ganz rechtzeitig bin ich eben doch nicht aufgestanden. Als ich am Hangar West ankomme, hat KG den Flieger inkl. Flugplan schon so gut wie fertig. Es steht zwar irgendwas von Welle im Flugplan, wirklich glauben tut niemand daran. Der Wind ist zwar mit 30‐35 kts in der Höhe nicht wirklich schwach, dafür aber aus Richtung ONO vorhergesagt – für die Grazer Berge ziemlich ungünstig, wenn man auf eine Welle spitzt. Zudem dreht die Richtung für mein Empfinden mit der Höhe ziemlich stark. Irgendwo im fernen Westen sieht man sehr vereinzelt ein paar kleine, Palatschinken‐flache Lentis, für die wohl niemand einen Kugelschreiber fallen lassen würde. Den Sauerstoff lassen wir also zuhause, die Kamera kommt wegen der herrlichen Fernsicht mit.
Wir kommen nach einem kältebedingt zuerst widerborstigen Motor und einigen Bremsversuchen (schließlich wurde ja die Bremse repariert) um 09:45 loc in die Luft und nehmen Kurs in Richtung WNW. Tower übergibt uns an Wien Info, letzterer Herr erkundigt sich nach der geplanten Höhe, die wir mit FL100 und dem Zusatz „guat schauts ned aus, da wird ned viel mehr als FL100 gehen, wenn überhaupt“ angeben. Der Pessimismus war durchaus begründet, bis hierher gab es keine berauschenden Anzeichen von Wind und schon gar keine Anzeichen einer Welle. Das Wolkenbild sieht noch fader aus als vom Boden aus betrachtet.
Mit Motorkraft geht’s übers Gaberl (wo wir an Zeltweg Radar übergeben werden) und das Salzstiegl in Richtung Amering. Hier sieht man zumindest, wie einige Wolkenfetzen über den Grat treiben und der Schnee am Berg aufgewirbelt wird. Gefühlsmäßig weiiiiiit weg und viel zu hoch sieht man ein paar flache Lentis. Wir reiten einmal den Grat südlich des Amering entlang und finden zuerst nur Lee – bis dann irgendwann in ca 8000 ft querab von Bad St. Leonhardt und Reichenfels die Welle anbeißt. Zuerst moderat, dann aber schon ganz ordentlich. Auch das Wolkenbild (oder nur die Perspektive darauf?) ändert sich gewaltig, jetzt sieht alles bilderbuchmäßig nach Welle aus:
Blick Richtung NW; die mehrstöckige Lenti steht irgendwo südwestlich von Zeltweg, in Richtung Obdach.
Der Zirbitzkogel unter einer Lenti.
Blick Richtung SW: Das Lavantal und das Klagenfurter Becken verschwinden unter flachen Lentis.
Beinahe übersehen wir, bei Zeltweg um eine Höhenfreigabe zu bitten (Zeltweg „darf“ nur bis FL125), aber der Herr am Funk ist recht aufmerksam und kooperativ und koordiniert mit Wien, es gibt eine Freigabe bis FL150, und wir drehen den Motor, der schon die längste Zeit auf Standgas läuft, endgültig ab.
Und wie es der Teufel so will (Freigabe erhalten…) geht auf einmal nix mehr, wir krebsen ewig auf FL115 herum. Zeltweg fragt, ob wir unter 120 bleiben, er würde den Luftraum gerne zurückgeben – was er dann auch tut. Und siehe da, es geht wieder bergauf… ;‐)
Wir erbitten erneut 150 und schaffen es diesmal. Die letzten 1000ft geht es zwar sehr langsam aufwärts, aber es geht. Und KG beginnt vor Kälte immer mehr zu zittern. In FL150 angekommen bitten wir um die Rückkehr zum Platz, zuerst in FL150 einem Wellensystem entlang (klappt nicht sehr lange), dann im Gleitflug um eine flache Lenti über Voitsberg herum und schlußendlich im direkten „Sturz“flug (KG wollte auf mein Angebot mit dem Gefrierbeutel nicht einsteigen, ihm schwappt es schon in den Augen… ;‐) ) zurück nach Graz.
Ein Blick zurück auf das Gebiet, wo wir die Welle genossen haben, zeigt wieder dieselben unscheinbaren Lentis, die wir schon beim Hinfliegen gesehen hatten – weit, weit weg und sicherlich nicht so aufregend, dass man dafür alles liegen und stehen lassen würde. Und überhaupt hatten wir schon in FL150 das Gefühl, dass das jetzt alles langsam zu zerfallen beginnt. Vielleicht hatten wir einfach nur das Glück, den perfekten Zeitpunkt (an dem ICH normalerweise noch schlafen würde…) erwischt zu haben? Oder täuscht die Perspektive echt so schlimm? Oder liegt‘s daran, dass für den gelernten Grazer eine Welle bei OSTwind vollkommen ungewohnt, nahezu unerhört und blasphemisch ist? Immerhin muss man dafür ja auf die andere Seite der Berge! ;‐)
Der Blick zurück: Aus der Ferne sieht das alles gar nicht soooo aufregend aus!
In ca. 7000ft werfen wir den durchgefrorenen Motor wieder an, der sich nur zögerlich erwärmen und wegen des durchgefrorenen Spinners vor der Landung auch nicht mehr in die Steigstellung bringen lässt. Egal, bei 3km Beton werden wir wohl die Piste treffen oder auch in Reisestellung wieder in die Höhe kommen. Beendet wird das ganze Erlebnis um 11:59 loc mit einer butterweichen Landung und einer immerhin homöopathisch wirkenden Bremse.
Bezüglich der Bremswirkung hätte das Erlebnis „Werkstattflug“ durchaus Luft nach oben gehabt. Was den Rest betrifft, ist er nicht mehr ganz so leicht zu toppen! ;‐)
Für kommenden Freitag, 29.11. ist eine Winddrehung nach NW und wieder auflebender Windstärke vorhergesagt. Das Erlebnis von heute (Ostwind) könnte sich aber morgen u. U. auch wiederholen lassen… Gehet hin und flieget!!!!