Baubeginn 1987
Entworfen und gebaut im Rahmen der Akaflieg Graz
Bericht von Günther Aichinger (August 1996)
Günter Thiens Motorflugambitionen und meine Segelflugwünsche führten zu dem gemeinsamen Projekt eines Motorseglers, der einen Kompromiß unserer Vorstellungen darstellte:
- Relativ hohe Reisegeschwindigkeit und Reichweite im Motorflug,
- Möglichkeit von Segelflugzeugschlepp,
- gute Kurzlandeeigenschaften,
- einigermaßen brauchbare Segelflugeigenschaften,
- einfache Demontage,
- Unterbringung in einem geschlossenen Segelflugzeuganhänger.
Um diese Anforderungen möglichst zu erfüllen, sah unser Grundkonzept einen Tiefdecker mit zwei Sitzen nebeneinander und der Antriebseinheit hinter den Piloten vor.
Als Triebwerk wählten wir – durch Günter Rübig beeinflußt – den Motorradmotor der BMW K100. Der liegende Vierzylinderreihenmotor leistet 66 kW bei 8000 Umdrehungen pro Minute, besitzt eine elektronisch gesteuerte Benzineinspritzung und Elektronikzündung. Durch die Wasserkühlung sollten etwaige Kühlprobleme, die bei der vorgesehenen Anordnung auftreten könnten, weitgehend vermieden werden. Die hohe Motordrehzahl erforderte ein Getriebe mit einem Untersetzungs-Verhältnis von etwa 3:1. Für diese Aufgabe bot sich ein Poly-V-Riementrieb an.
Der Propellerträger ist als Stahlrohrfachwerk ausgebildet und starr mit dem Motor verbunden. Der 3-Blatt-Druckpropeller mit einem Durchmesser von 1.6 Meter ist mechanisch verstellbar.
Um den Bauaufwand zu verringern, kauften wir die Blätter bei der Firma Mühlbauer in Straubing. Bei der Fertigung der Propellernabenteile – sowie vieler anderer mechanisch bearbeiteter Bauteile – kamen uns die Fähigkeiten von Gerhard Halatschek zugute.
Die statische Belastungsprobe der Nabe konnte im Sommer 1989 am Institut für Festigkeitslehre der TU Graz durchgeführt werden.
Durch die Anordnung des Propellers über dem tiefliegenden Flügel-Rumpfübergang erhoffen wir uns eine etwas geringere Lärmabstrahlung nach unten, außerdem ist der Propeller vor vom Fahrwerk hochgeschleuderten Steinen geschützt.
Das Rumpfvorderteil besteht aus einem Stahlrohrfachwerk mit GFK-Verkleidung. Diese Ausführung erschien uns im Hinblick auf Anforderungen und für uns mögliche Berechnungsverfahren günstig. Das Einziehfahrwerk mit den zwei Haupträdern und dem Bugrad brachte einige Probleme mit sich, die durch die Gegebenheiten des Flügelanschlusses noch verstärkt wurden. Alle Schweißungen wurden elektrisch mittels WIG-Verfahren vom Flugzeugschweißer Gerhard Buchhäusl ausgeführt.
Der Wunsch, möglichst einfach und bequem ins Flugzeug einsteigen zu können und bestmögliche Sichtverhältnisse zu haben, ist durch die große zweiteilige, nach oben aufklappbare Haube erfüllt. Zur Bequemlichkeit der Piloten dienen auch die einstellbaren Seitenruderpedale und die einstellbare Rückenlehne.
Durch Michael Feinig bekamen wir zu günstigen Bedingungen Rohbauflügel aus einer frühen Serie der H36 Dimona. Die Verwendung dieser Flügel sparte zwar einerseits Arbeit, aber andererseits wurde dadurch die Konstruktion des Rumpfmittelstücks entscheidend vorbestimmt und dabei nicht gerade vereinfacht. Der Querruderantrieb, die Bremsklappen und die Randbögen wurden unter anderem geändert. Bei Montage der Flügel erfolgen die Anschlüsse von Querruder und Bremsklappen automatisch.
Das GFK-Leitwerk wird von einem Rumpfrohr aus GFK-Sandwich getragen, welches im Propellerbereich am Rumpffachwerk angeschlossen ist. Die Schleppkupplung ist am Rohrende vorgesehen und das Höhenleitwerk wird von hinten auf das Rumpfrohr aufgelegt und befestigt.
Leider ruhen seit 1993 die Arbeiten fast vollständig, da der Bau meines Hauses absoluten Vorrang hatte.
Einige Berechnungen und konstruktive Überlegungen waren das Maximum, das in dieser Zeit möglich war. Ich hoffe, mich in nächster Zukunft wieder verstärkt dem Motorseglerprojekt widmen zu können.
Alle zu nennen, die in irgend einer Weise an unserem Projekt mitgearbeitet oder es unterstützt haben, würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Ich möchte hier daher nur die Mitglieder der Akaflieg Graz in alphabetischer Reihenfolge anführen, die bisher besonders beteiligt waren:
- D.l. Günther Aichinger: Entwurf, Konstruktion, Berechnung, Bau
- Michael Feinig: Flügel, Beschaffung div. Materialien
- Ing. Gerhard Halatschek: Konstruktion, mechanische Fertigung
- D.I. Fritz Leber: Motor
- D.l. Günter Rübig: Motor, Wärmebehandlungen
- D.l. Erhard Sauer: Galvanik
- D.l. Dr. Heinz Schlichtherle: Werkzeuge
- D.l. Günter Thien: Entwurf, Konstruktion, Berechnung, Bau
Technische Daten der G-27
Abmessungen:
Spannweite: | 16.6 m |
Flügelfläche: | 15.7 m2 |
Streckung: | 17.5 |
Länge: | 8 m |
Höhe: | 2.5 m |
Massen:
Max. Abflugmasse: | 740 kg |
Max. Zuladung: | 270 kg |
Tankinhalt: | 70 I |
Antrieb:
Triebwerk:
- BMW K100 Motorradmotor
- 66kW bei 8000 U/min
- elektron. Benzineinspritzung
- elektron. Zündung
- Wasserkühlung
Propeller:
- 3-Blatt
- mechanisch verstellbar
- 1.6 m Durchmesser
- Nabe: Eigenkonstruktion,
- Blätter: Fa. Mühlbauer
Untersetzungsgetriebe: Poly-V-Riementrieb ca. 3:1
Leistungen:
Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h
Reisegeschwindigkeit bei 75% Motorleistung: 175 km/h
Manövergeschwindigkeit: 170 km/h
Überziehgeschwindigkeit: 70 km/h
Geringstes Sinken: ca. 0.9m/s
Beste Gleitzahl: ca. 30
Profile:
Flügel: Wortmann FX-63-137
Höhenleitwerk: Wortmann FX-71-L-150/25
Seitenleitwerk: Wortmann FX-71-L-150/30
Kurzbeschreibung des Motorseglers:
Tiefdecker
zwei Sitze nebeneinander
Motor hinter den Sitzen
Druckpropeller
Bugradfahrwerk, einziehbar
Flügel: von H36-Dimona (GFK-Sandwich),
Umriß, Einbauten und Klappen verändert.
Rumpf: Vorderteil Stahlrohrkonstruktion, GFK-Verkleidung, zweiteilige, seitlich hochklappbare Haube,
Leitwerksträger: GFK-Sandwich, Schleppkupplung
Leitwerk: GFK-Sandwich
Flügel und Leitwerk leicht demontierbar
Transportmöglichkeit in geschlossenem Anhänger
Stand der Arbeiten:
Baubeginn war 1987, die Konstruktion ist zu einem großen Teil fertig, aerodynamische Berechnungen und rechnerische Festigkeitsnachweise sind weitgehend durchgeführt. Schweißteile wie z.B. Rumpfgerüst, Fahrwerk, Beschläge, Steuerungsteile u.a.m. wurden gefertigt, die Einbauteile für die Flügel sind zur Montage bzw. zum Einkleben vorbereitet. Mit der Antriebseinheit (Motor, Propeller) wurden auf einem einfachen Versuchsstand erste Standläufe durchgeführt. Die Arbeiten an diesem Projekt ruhten in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen. Durch den Tod von Günter Thien und Günther Aichinger wird dieses Projekt in dieser Form wohl nicht weiter fortgesetzt.